Die Gefühle sind das Leben. Sie sind großmächtig und uralt. Die Urkraft allen Lebens. Die ewigen Sieger. Nach den Bestimmungen der Natur. Sie sind strukturlos, allgegenwärtig, immer und überall zur Stelle.

Das Ich ist zur Struktur gewordenes, persönliches und greifbares Leben. Im Ich hat das Leben eine fassbare Gestalt angenommen. Das Ich ist sehr jung und wird auch nicht sehr alt.

Das Leben hat die Tendenz, als Gestalt in Erscheinung zu treten. Aber keineswegs auf Dauer.

Es kommt mir so vor, als ob die Natur ihr Denken in der Tat – Struktur – erproben wollte.

Das Leben gefällt sich scheinbar in der Vergabe von vorübergehenden Rollen oder Auftritten. Dies in einer Welt, die die Natur geschaffen hat und in der sie das Erwachen des Lebens zugelassen hat. Oder gewollt hat (?).

Allen Lebewesen ist für die Zeit ihres Auftritts eine persönliche Führung als festes Programm mitgegeben. Eine Katze ist eine Katze und kein Hund.

Dieses mitgegebene persönliche „Ich-Programm“ garantiert dem jeweiligen Lebewesen für die Zeit seines Auftritts in dieser Welt von einander widerstrebenden Interessen weitgehend seinen Fortbestand und Erhalt.

Dem Menschen ist für seinen Erhalt in dieser seiner Rolle und seinem Auftritt von der Natur ebenfalls ein Ich mitgegeben worden. Im Unterschied zu den anderen Lebewesen aber nicht als festes Programm, sondern lediglich als Auftrag. Als Auftrag, Mensch zu sein. Dies jedoch in eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung. Nicht als festes Programm. Das feste Programm ist bei ihm also ersetzt durch die eigene Verantwortung.

Dies ein sehr weitgehendes – ein sehr gewagtes!? – Experiment der Natur.

Das Menschen- Ich kommt in eine ihm unbekannte Welt mit einer Rolle, die es von Anfang an gar nicht kennt. Das Menschen- Ich muss alles lernen: den Umgang mit sich und der Welt. Das Menschen- Ich ist in den ersten Jahren seines Hierseins sehr beschäftigt mit dem Lernen seiner hiesigen Rolle. In aller Regel braucht es sehr lange, bis es seine Eigenverantwortung erkannt hat. Manche Menschen kommen nie zu dieser Erkenntnis.

Denn das wichtigste bei dieser Eigenverantwortung besteht darin, dass es die ihm innewohnenden Gefühle in seinem persönlichen Sinne unter Kontrolle zu bringen hat. Es muss die ihm mit gegebenen Gefühle in seinem Sinne zum Einsatz – zur Arbeit, zur Wirkung – bringen. Nicht die Gefühle also haben in seinem Ich- Hoheitsbereich – in seiner Ich- Struktur – die Führung, sondern das Ich in seiner Verantwortung. Dies zu begreifen ist für das Ich in seinem kurzen Auftritt in diesem Leben das Allerschwerste.

Ich habe das nicht so gemacht. Die Natur war es. Wir Menschen- Ichs aber, wir müssen uns daran halten.

Und das bei Gefühlen, die nicht vergessen haben, woher sie kommen und wer sie sind.

Wie oft kommt es bei dieser Sachlage vor, dass die Gefühle zu dem Ich sprechen: „was willst denn du, du Eintagsfliege, du Winzling, du?! Was du da willst, das kannst du doch gar nicht. Lass das doch besser uns machen. Wir sind uralt, wir können das. Geh du schlafen, wir erledigen das alles zum Besten.“

Es ist oft sehr schwer für das arme kleine Ich, in seiner sehr beschränkten Rolle, in seinem kurzen Auftritt in dieser Welt, sich zu behaupten und seinen Auftrag, der ihm in dieser seiner Rolle auferlegt wurde, zu erfüllen. Nämlich die Führung und Bestimmung über das sagen und das Wollen der Gefühle bei sich selbst zu behalten.

Es ist eine der größten Ich – Leistungen, seine Eigenverantwortung in seiner Ich – Rolle zu erkennen und in seinem Denken und Tun zu vollbringen.

Ich wiederhole noch einmal: „ich war es nicht, der dieses Ich, diesen Menschen also mit seinem Ich, ins Leben gerufen hat. Das war die Natur, die unbekannte, die unerforschliche. Wir Menschen – Ichs, wir müssen uns daran halten.

Dass Ich in seiner Verantwortung – in seiner Not! –, das hat sich den Verstand erschaffen und großgezogen. Der Verstand hält das Ich in Kontakt mit den Gegebenheiten der Struktur, also mit denen der Welt und mit denen von sich selbst.

Das Ich ist zur Struktur gewordenes Leben. Die Gefühle, die großen, die uralten, also das Leben selbst, die sind strukturlos.

Die Natur hat dieses Problem geschaffen – zugelassen, gewollt (?) –, Das Problem des Umgangs von Struktur mit Nicht – Struktur. Das Problem von einer vorübergehenden Herrschaft der in einer Struktur – im Ich – gefangenen Gefühle über die freien Gefühle.

Soweit wir mit unserem beschränkten menschlichen Denken dies erfassen können, ein sehr bewegendes und ungeheuer interessantes Vorgehen – Experiment – der Natur. Bei dem wir beauftragt sind, mitzumachen.

Dies ist für uns Geschöpfe der Natur eine hohe Ehre. Ich denke, dieses Experiment sollten wir mitmachen. Und uns darin bewähren. Oder auch nicht. Ich weiß nicht, worum es der Natur dabei geht.

Ich selbst bin für das Bewähren. Für den Frieden.

Dies ist ein ebenso kurzes wie einsichtiges Bild von der Dreierstruktur des Geisteslebens.

Das Leben des Geistes zeigt sich im Denken. In seinem Denken.

Das Denken in den Hoheiten dieser Struktur.

Dass Ich in seinem Auftrag, die Gedanken zu steuern.

Eine riesige Ich – Leistung ist es, in dem Getümmel dieser Welt seine Rolle, die des Ich, darzustellen.

Wenn es die Sinne nicht gäbe, gäbe es dann ein Denken?